Hermann Oberth (1894-1989) war der wohl bedeutendste Pionier der Raumfahrt-Wissenschaften und der Raketentechnik.
In seinen Werken „Die Rakete zu den Planetenräumen“ (1923 - ) und „Wege zur Raumschiffahrt“ (1929 - ) legte er die erste theoretische, physikalisch und mathematisch durchgerechnete Basis für die Raumfahrt mit Flüssigkeitsraketen.
Angeregt durch die Lektüre von Jules Vernes Mondromanen und eigene astronomische Beobachtungen, hatte Oberth bereits als Gymnasialschüler begonnen, seine ersten Raketenpläne zu erarbeiten. Medizinische Selbstversuche bestätigten ihm schon 1916, dass Menschen den Belastungen eines Weltraumfluges gewachsen sind. Während seines Physikstudiums (in München, Göttingen und Heidelberg) verfasste er 1922 das Manuskript zu seinem Erstlingswerk „Die Rakete zu den Planetenräumen“.
1928/29 unterstützte Oberth UfA-Starregisseur Fritz Lang als wissenschaftlicher Berater bei der Produktion des ersten Raumfahrtfilms der Welt „Frau im Mond“. Dieser Stummfilm stellt den Höhepunkt einer maßgeblich von Oberth ausgelösten, breiten Raketen- und Raumfahrtbegeisterung in der Zeit der Weimarer Republik dar.
Prof. Ernst Stuhlinger, langjähriger Chefwissenschaftler am Marshall Space Flight Center der NASA fasste 1984 die Bedeutung von Oberths Grundlagenwerk so zusammen:
“Die Rakete zu den Planetenräumen”, bei aller Kürze des Buches, wurde zu einem epochalen Werk der Raketenentwicklung.
Heute noch ist das dünne Bändchen eine Goldgrube für den Historiker der Raketentechnik und Weltraumfahrt. Oberth brachte darin fast alle Aspekte des Handwerks zur Sprache oder wenigstens zum Bild. Raketentheorie, Verbrennung, Pumpen- und Druck-geförderte Systeme, Konstruktion von Tanks, cryogene Treibstoffe, Wärmeschutz, Brennkammerkühlung, Schleierkühlung, Kühlung durch Treibstoff-Überschuss, Luft- und Strahlruder, Schwenkmotoren, Kreiselsteuerung, Beschleunigungsmesser, Integrationsgeräte, Leit- und Lenksysteme, Bahnrechnungsmethoden, Aerodynamik, Flugmechanik, Optimierung der Aufstiegsbahn, Raumfahrtmedizin, Raumkabinen, Leben unter Gewichtslosigkeit, Meteoritengefahr, Bremsung und Landung mit Fallschirm - Hermann Oberth hatte an alles gedacht.
Nicht weniger vollständig wirkt auch heute noch seine Liste von Vorschlägen, Raketen und Satelliten für nützliche Zwecke zu verwenden. Er erwähnt meteorologische Beobachtungen, Nachrichten-Übermittlung, Funkverbindung mit Schiffen und unzugänglichen Stationen auf dem Festland, Erdbeobachtungen, Radio-Relais-Stationen, Astronomie, astronautische Forschungen, Sonnen- und Planetenforschung, und Raumwissenschaften im allgemeinen. Er empfiehlt Satellitenstationen, dreissig Jahre vor Einführung des Fernsehens, “für den Zeitungsdienst”.
In seiner so bescheidenen, aber ebenso weitsichtigen Art fügt er hinzu: “Das Betreten fremder Weltkörper hätte sicher hohen wissenschaftlichen Wert. Ich möchte aber an dieser Stelle auf diesen Gegenstand nicht eingehen.”